Monatsspruch Dezember

Advent

Ich liebe den Adventskalender.

Jeder Tag beginnt mit dem Öffnen einer Tür. Die Kinder bekommen Säckchen mit kleinen Spielsachen, Überraschungen, Marzipan und ich vermutlich wieder einen Kalender mit schönen Sprüchen und Schokolade.

Aber eigentlich ist mir das Süße nicht wichtig. Ich liebe einfach diese Geste: Eine unbekannte Tür öffnen und sehen, was dahinter ist. Entdecker sein.

Ich erinnere mich an einen Urlaub in Irland. Uralte, verlassene Steinhäuser im Landesinneren. Wir gehen auf den Hügel, öffnen einen Riegel und treten ein. Das Dach ist teilweise eingebrochen, alte Kannen und lose Balken liegen herum. Aber man erkennt, wo vor hundert Jahren der Herd stand, der Tisch oder das Bett. Und dann der Blick zurück, aus dem, was mal ein Fenster war. Das Tal hinunter, zum Bach – grün und weit.

Der verwitterte Stall etwas unterhalb, der zog uns auch an. Stand hier mal ein Ochse, ein Esel? Wo war die Futterkrippe und gab es Hirten für die Schafe?

Man musste schon die Augen schließen, um die Tür zu der Geschichte zu öffnen, sich vorzustellen, wer hier mal geliebt, gelebt und gearbeitet hat.

So ist das wohl auch mit der allerletzten Tür im Advent, wenn die Schokolade aufgegessen ist. Der Adventskalender war dann so eine Art Vorübung: Manche Türen öffnen sich eben anders. Nicht mit der Hand.

Ich schließe dann die Augen. Und langsam öffnet sich ein Spalt zu der uralten Geschichte. Und ich sehe sie vor mir: Das Kind und Maria und die Hirten und alle. Und ich stelle mir vor: Ich bin selbst im Stall und sehe das Neugeborene und den Esel, vielleicht in Irland, in Bethlehem oder hier im Norden; und sehe aus dem Fenster: Der Stern leuchtet auch für mich, weit und hell.

Einen gesegneten Advent wünscht

 

Pastor Bernd Müller-Teichert

 

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